Freitag, 27. Juni 2014

An seinen Träumen festhalten

Schon im Kindergarten wusste ich, dass ich Zahnärztin werden will. Während andere Kinder sich vor dem Zahnarztbesuch fürchteten, konnte ich es gar nicht bis zum nächsten Termin abwarten. Schon zu diesem Zeitpunkt fand ich Medizin faszinierend und schaute mit großer Begeisterung die Sendung "Es war einmal das Leben". Als ich meinen Realschulabschluss absolviert hatte, wechselte ich daher sofort auf ein Aufbaugymnasium und machte dort mein Abitur. Leider war es auf dieser Schule nicht ganz einfach ein 1er Abitur zu machen und so war mein 3,0er Schnitt nicht viel schlechter als der Abiturdurschnitt des Jahrgangsbesten. Jedoch war mit diesem Schnitt leider nicht an einen sofortigen Einstieg ins Studium zu denken.
Doch neben der Medizin hatte ich noch eine andere Leidenschaft: Sprachen. Während der Schulzeit hatte ich schon Portugiesisch gelernt und nun wollte ich auch meinem Schulenglisch noch den letzten Schliff
verleihen und ging daher als Au-pair für ein Jahr nach England.Nachdem ich aus England zurückgekehrt war, machte ich eine Ausbildung als Friseurin. Dies war besonders meinen Eltern, die beide einen handwerklichen Beruf gelernt hatten, wichtig, denn mit einer Ausbildung hat man etwas Solides in der Tasche.
Meine Ausbildung schloss ich dann auch als Abschlussklassenbeste ab, obwohl mir mein Chef mein Leben nicht leicht gemacht hatte. Er hatte mich während meiner ganzen Ausbildungszeit gemobbt, da er aufgrund
eines Unfalls, den ich in seinem Betrieb hatte, Ärger mit der Gewerkschaft hatte. 
Doch der Grund, weshalb ich beschloss, nie in diesem Beruf zu arbeiten war ein anderer. Für mich war der
Berufsalltag zu öde und mit meinen Kunden über die Nuancen ihrer neuen, trendigen Haarfarbe zu philosophieren war mir zu belanglos. Ich wollte später einmal Menschen wirklich helfen und sie von Schmerzen befreien (später möchte ich daher auch im Rahmen von Entwicklungshilfe in
Afrika tätig sein, um so wirklich etwas zu bewegen).
Daher begann ich erstmal zu arbeiten, um Geld zu sparen und die Zeit sinnvoll zu nutzen, während sich weitere Wartesemester ansammelten.Nachdem ich eine Zeit lang gearbeitet hatte, beschloss ich dann doch
zu studieren und schrieb mich an der FH in Bingen für Ingenieurwissenschaften ein, da ich hoffte, in diesem Studiengang viel im Freien arbeiten zu können und nicht meinen Arbeitsalltag in einem Büro mit stickiger Luft verbringen zu müssen. Doch bald kam die Ernüchterung. Viele der höhersemestrigen Studenten erzählten mir, dass ein großer Teil der Absolventen nun in Bürojobs arbeiteten. Daher beschloss ich mich zu xmatrikulieren und wieder zu arbeiten, um so ein weiteres Wartesemester angerechnet zu bekommen. 
Dabei muss ich anmerken, dass das Warten auf eine Zusage sehr an den Nerven zehrt. Manchmal hat man einen Tiefpunkt und man denkt sich, das wir nie was... Aber da ich nie aufgegeben habe, hatte ich im August 2013 dann endlich eine Zusage für ein Zahnmedizinstudium an der Goethe Universität. Anfangs konnte ich es gar nicht fassen, dass nun nach 13 Wartesemestern endlich mein Traum in Erfüllung gegangen ist. Natürlich bin ich nun überglücklich und studiere mit großer Begeisterung. 
Selbstverständlich gibt es auch jetzt noch Hürden, die ich bewältigen muss. Beispielsweise reicht mein BaföG nicht vollständig aus, um meine gesamten Ausgaben zu decken, sodass ich neben dem Studium noch arbeiten gehen muss. Des Weiteren wohne ich nicht direkt in Frankfurt und fahre daher insgesamt drei Stunden mit der Bahn, wenn ich meine Vorlesungen besuchen möchte. Aber Hindernisse sind da, um überwunden zu werden und da bei meinen Vorlesungen keine Anwesenheitspflicht besteht, muss ich nicht jeden Tag zur Uni fahren und nutze meine Zeit lieber, um zu Hause effizient zu lernen.
Durch die gesparte Zeit ist es daher gut möglich Studium, Job, Haushalt und Hunde unter einen Hut bringen.

Abschließend kann ich nur sagen, dass es sich auf jeden Fall lohnt an seinem Traum festzuhalten und auch wenn man einige Umwege nehmen muss, lohnt es sich durchaus etwas länger zu warten. Denn durch die
Erfahrungen, die ich während des Wartens gemacht habe, bin ich viel disziplinierter beim Lernen als noch vor ein paar Jahren. Ich würde mich sogar insgesamt als eine stärkere Person bezeichnen, die mit ihrer Prüfungsangst umgehen kann und sich auch nicht von ihrem Studium abschrecken lässt nur weil sie die Erste in ihrer Familie ist, die ihr Abitur gemacht.
Also glaubt an euch und nutzt die Wartezeit sinnvoll, indem ihr beispielsweise ein Praktikum bei einem Zahntechniker oder eurem Zahnarzt macht :)