Freitag, 16. Mai 2014

Amerikanistik - gibt's das wirklich?

Eigentlich war für mich schon immer klar, ich will eines Tages Medizin studieren. Schon in der sechsten Klasse schrieb ich freiwillig Aufsätze für den Biologieunterricht und beteiligte mich beim Schüler-Sanitätsdienst unter der Leitung unseres Biologie Lehrers. Doch leider schauten die Universitäten damals nur auf die Durchschnittsnote, und die war mit 2,2 einfach zu schlecht für Medizin. Ein anderer Plan musste her, vielleicht doch lieber erst einmal arbeiten und dann studieren? Oder warten und hoffen irgendwann doch noch rein zu kommen?
Ich entschied mich für eine Ausbildung zur Physiotherapeutin. Eigentlich war das für mich sogar noch besser, da sich diese Ausbildung vor allem auf die von mir bevorzugten Gebiete Anatomie, Biomechanik und Orthopädie konzentriert, doch leider musste ich nach sechs Monaten Ausbildung selbst unters Messer und konnte die Physiotherapeutenschule nicht beenden. Das war für mich Grund genug, der Medizin gänzlich den Rücken zu kehren. Es musste doch auch noch etwas anderes für mich geben!
Mit meiner Vorliebe für Englisch und einer Affinität zum Organisieren von Events (die ich bis dato an jedem Tag der offenen Tür in der Schule ausleben durfte) bot sich schließlich die Gelegenheit, als Vollzeitmitarbeiterin bei einer Tourismus- und Eventagentur zu arbeiten. Ein bisschen Geld verdienen und dabei gleichzeitig noch Berufserfahrung sammel hörte sich sehr gut an, also nahm ich die Stelle an. Doch nach zwei Jahren voller Termine wurden mir zwei Dinge klar: erstens, sollte ich irgendwann noch einen anderen Job machen wollen müsste ich früher oder später einen "Schein" nachweisen, also entweder eine Ausbildung machen oder eben doch studieren. Und zweitens: eine Ausbildung alleine würde mir nicht reichen; ich wollte mehr. Also beendete ich meinen Job im Tourismus und fing ein Studium im Bereich International Business Administration an. Das Fach klang gut, die Chancen mit so einem Abschluss wären sicherlich auch gut, und die Hochschule nahm mich sofort an.
Für andere Menschen mag die Vorstellung einen geregelten Stundenplan und keine Anwesenheitspflicht zu haben geradezu perfekt klingen, aber ich merkte sehr schnell, mit diesem Konzept kam ich nicht zurecht. Das vermeintliche Business English unterforderte mich, und der ewige Satz meines VWL Professors, der ständig mit "Im Idealfall" zu beginnen schien, trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Ich hatte genug Events mitgemacht um mit Sicherheit zu wissen, dass die wenigsten Dinge tatsächlich so ablaufen wie der Idealfall das vorsieht. Ein neues Studienfach musste her, etwas in dem ich gefordert werden würde, in dem ich selbstständig denken durfte und mir meinen Unterrichtsplan nach Interessen - und nicht nach Vorgaben - zusammenstellen konnte.
Angetrieben von meiner Liebe zur Englischen Sprache und meinem unbändiges Interesse an amerikanischen Themen durchforstete ich die Datenbanken von Studieren.de und fand schließlich ein Studienfach das zu gut klang um wahr zu sein: Amerikanistik. Ginge das wirklich, einfach nur "Amerika" zu studieren, die Geschichte, die Literatur, eben alles was damit zu tun hat? Es gibt ihn nicht selten, den reinen Amerikanistik Studiengang in Deutschland, aber an der Goethe Uni wurde ich fündig und so fing ich im Sommer 2010 mit American Studies im Bachelor Hauptfach und einem Nebenfach in English Studies an. Schon nach den ersten Veranstaltungen war mir klar: hier war ich richtig!
Ja, mein Studienfach gehört zu den ominösen "Geisteswissenschaften", und ja die häufigste Frage ist und bleibt "und was machst du dann damit?" Aber es ist eben auch meine Leidenschaft und ein Gebiet, auf dem ich mich beinahe instinktiv zurechtfand. Im Herbst 2012 flog ich dank Austauschstipendium nach Boston und verbrachte ein Semester an der University of Massachussetts. Im Sommer 2013 machte ich meinen Abschluss mit Auszeichnung und mittlerweile bin ich im Masterstudiengang Anglophone Literature, Culture, and Media. Ich arbeite an der Universität unter Anderem als Tutor für amerikanische Geschichte und plane im nächsten Jahr mein PhD in Amerika zu machen.
Ich habe mich letztlich dazu entschieden das zu tun, für das ich mich am Meisten begeistern kann, und auch wenn ich selbst nicht genau weiß was die Zukunft bringt, so weiß ich doch, dass ich mit Spaß und Erfolg durch mein Studium gegangen bin - und das wird mir sicherlich auch in Zukunft weiterhin Türen öffnen!

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